Lange Schatten kriechen über die Hochweiden am Fuß des Capu.doc

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Lange Schatten kriechen über die Hochweiden am Fuß des Capu Tafunatu, als ich den gedrungenen Mann mit den buschigen Augenbrauen und den zerzausten grauen Haaren treffe.

 

 

Der kleine Korse hat mit seiner großen Herde noch einen langen Weg vor sich: auf der sechsten Etappe des GR 20 abwärts durch das Golo- Tall, hinunter zu den Bergeries de Radule.

 

 

 

Unser Weg ist derselbe, und so begleite ich ihn bis zur Schäferei.

 

 

Ihn und seine Ziegen, hundertzwanzig Stück. Die dirigiert Jean- Baptiste Castagnoli mit Hilfe seines vierbeinigen Freundes >> Pollo<< mal zärtlich ermunternd, mal wüst schimpfend über den Saumpfad, der, mit Sorgfalt angelegt, die steilen Felsplatten überquert.

 

 

 

>> Das ist ein uralter Weg<<, erzählt der Hirte beim Ziegenmelken.

 

 

>> Solche Wege wurden angelegt, um das Vieh im Frühjahr zu den Sommerweiden in den Bergen und von dort im Spätsommer zu den Winterweiden an der Küste zu treiben. <<

 

 

 

Dieser saisonale Weidewechsel bestimmte jahrhundertelang den Lebensrhythmus der Korsen.

 

 

Jean- Baptiste war zwölf, als ihn sein Onkel zum ersten Mal mitnahm.

 

 

Frühmorgens brachen sie an der Westküste auf, um die größte Hitze zu meiden.

 

 

Fünf Hirten trieben die Ziegen durch die Spelunca- Schlucht nach Evisa und 15 Kilometer weiter zu den Hochweiden im Golo- Tal. An die rauen Kerle erinnert er sich noch genau.

 

 

 

Alle kamen aus dem Ort Casamaccioli: Charles, der sich mit der Kneifzange die Fingernägel manikürte, und Dominique, der leidenschaftliche, aber nicht besonders talentierte Sänger.

 

 

 

Bonaventure nannte drei Zähne sein Eigen, und Antoine war meist frühmorgens schon stramm.

 

 

Die anderen erst gegen Mittag.

 

 

Jean- Baptiste lächelt bei der Erinnerung daran.

 

 

Im Hintergrund meckert eine Ziege. Ein Geräusch, das in den korsischen Bergen immer seltener wird.

 

 

Viele Schäfereien verfallen. Macchia eroberte die alten Saumpfade wieder zurück.

 

 

Bergdörfer, seit eh und je Hochburgen korsischer Hirtenkultur, sind vom Verfall bedroht.

 

 

Deswegen wurde 1972 der korsische Naturpark PNRC (Parc Naturel Régional de Corse) gegründet, ein 3505 Quadratkilometer großes Naturrefugium im Zentrum der Insel.

 

 

Neue Perspektiven für die Bergbewohner versprach der vom PNRC geförderte Wandertourismus.

 

 

Viele alte Schäfereien wurden renoviert, im Gebirge Hütten errichtet ...

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